Gedenken am Platz der Synagoge 2020

Gestern fand das jährliche Gedenken am Platz der Synagoge, anlässlich der Reichspogromnacht im Jahr 1938, wie angekündigt, mit nur wenigen Beteiligten statt. Durch die pandemiebedingte Situation ist es momentan nahezu unmöglich Präsenzveranstaltungen durchzuführen. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass wir eine Form gefunden haben dennoch ein Gedenken für Viele, auf diesem Weg, möglich zu machen. 
Viele Ge(h)denkende sind vor der Veranstaltung gekommen und haben persönlich mit einer Blume oder einem Licht gedacht.
Darüber haben wir uns sehr gefreut!!!

Christian Albrecht, freier Mitarbeiter des WDR, hat die Veranstaltung aufgezeichnet und uns zur Verfügung gestellt!
Dadurch können wir Ihnen nun eine hochwertige Aufnahme präsentieren. Wir danken ihm ganz besonders für den tollen Einsatz. Sehen und hören Sie nun selbst:

Herzlichen Dank an alle, die sich eingebracht und der Veranstaltung einen dennoch würdigen Charakter verliehen haben!

Hier noch ein paar weitere Eindrücke:
     

Zum Abschluss noch die Rede von Dr. Galit Shaul, Landrätin des israelischen Partnerkreis Emek Hefer für Sie zum Nachlesen:

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger des Kreises Siegen- Wittgenstein,

die Pogromnacht wird für immer in Erinnerung als ein Symbol der Dämonisierung und der Entmenschlichung eines Volkes und einer Kultur bleiben, das von da an in den größten Völkermord der Menschheitsgeschichte schlitterte.
Wilde Aufhetzung führte zum Ausbruch eines gewalttätigen Pöbels in einer Gesellschaft, die einmal für die Blüte der menschlichen Kultur gehalten wurde. Dieser Pöbel hielt es für legitim, Menschen zu hassen, die Fenster ihrer Häuser und Geschäfte einzuschlagen, Bücher und Synagogen zu verbrennen.
Das deutsche Volk bringt seit vielen Jahren sein Bedauern über diese furchtbaren Geschehnisse zum Ausdruck und präsentiert ein anderes, vorbildliches Gesicht einer mächtigen Nation, die es fertiggebracht hat und fertigbringt, Massen von Flüchtlingen aus Krisen- und Gefahrengebieten als Zufluchtsort zu dienen.
Das jüdische Volk hat sich in seinem Land etabliert und sein Leben wieder aufgebaut. „Nie wieder!“ und „Wir werden nicht vergessen!“ schworen die Überlebenden des Holocaust und sie gaben diese Haltung auch an diejenigen weiter, die den Horror nicht erlebt haben.
Der Holocaust ist ein wichtiger Bestandteil des nationalen Bewusstseins des jüdischen Volkes im Staat Israel und auf der ganzen Welt. Für uns ist es wichtig, die Erinnerung an die Pogromnacht auch in Zukunft wachzuhalten.
Der Hass gegen den Fremden, den Anderen ist als menschliche Anlage bei und in uns. Manchmal sprudelt er hoch und droht auszubrechen.
Wir sind verpflichtet, dies zu erkennen und die Menschlichkeit zu bewahren, den Anderen zu achten und in unser Leben mit einzubeziehen und jedes Phänomen, das in Hass wurzelt, zu stoppen und auszuradieren.
Wir sind verpflichtet, unseren Kindern, den nachwachsenden Generationen unsere Geschichte weiter zu erzählen, damit sie daraus lernen, dass um keinen Preis Verbrechen noch einmal verübt werden.
Als Vertreter unabhängiger Staaten müssen wir globale Verantwortung übernehmen um sicherzustellen, dass solche Verbrechen nirgendwo auf der Welt noch einmal geschehen können.
Aber in einer Welt, in der Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Meinungen und ihrer Religion unterdrückt und auch ermordet werden, geschieht das, heute hier und morgen dort.
Wir müssen trotzdem daran arbeiten, dass so etwas nie wieder geschieht.
Das Bündnis zwischen dem Kreis Siegen-Wittgenstein und Emek Hefer repräsentiert den Wunsch eine schwierige Geschichte zu überbrücken und das verbindende zu finden, aufgeklärtes Denken und alles zu mobilisieren, was zum Wohl beider Bevölkerungen und der Umwelt beiträgt.
Vom Beginn des Aufbaus unserer Beziehung tragen wir diese guten Absichten in uns, gepaart mit dem Verständnis, dass jenes dunkle Kapitel der Geschichte nicht das heutige Deutschland repräsentiert.
Wir geloben und versprechen uns und den zukünftigen Generationen wachsam zu sein.
Als „Neue“ im Amt der Vorsitzenden des Regionalrates Emek Hefer blicke ich auf die langjährige Verbindung zwischen unseren Landkreisen, zwischen unseren Staaten und ihren Menschen und bin optimistisch im Hinblick auf unsere Fähigkeit eine stärkere Gesellschaft zu formen. Eine Gesellschaft, die sich um die Schwachen kümmert, die gibt, die Gutes sät und alles zum Wohle unserer eigenen Zukunft und zum Wohl unserer künftigen Generationen tut.

Dr. Galit Shaul

Gedenkstunde am Platz der Synagoge am Dienstag, 10.11.20

Achtung geänderter Ablauf!

In Anbetracht der stark steigenden Infektionszahlen haben wir uns, als Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, dazu entschieden auf eine große Präsenzveranstaltung, wie in der sonst üblichen Form, zu verzichten.
Natürlich bedauern wir diesen Schritt zutiefst, aber Ihre und unsere Gesundheit ist uns sehr wichtig.
Wir bitten Sie daher in diesem Jahr am Dienstag, 10.11.20,
16 Uhr nicht zum Platz der Synagoge zu kommen!

Natürlich werden wir auf keinen Fall auf das Gedenken verzichten und haben uns deshalb eine Alternative überlegt:

Wir werden die Gedenkstunde, mit wenigen Beteiligten, vor Ort halten und den Ablauf aufzeichnen.
Das Ergebnis können Sie sich dann über einen Link hier auf unserer Homepage und auch auf unserer Facebookseite anschauen.
Damit das Gedenken ein bisschen persönlicher werden kann, möchten wir Sie bitten (natürlich nur, wenn Sie möchten) im Laufe des Tages (am besten bis 16 Uhr), z.B. eine Rose auf dem Podest, wo normalerweise das Rednerpult steht, abzulegen.

Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr wieder in der gewohnten Form gedenken können und dürfen.

Folgender Ablauf ist geplant:

Moderation: Ev. Vorsitzender Raimar Leng
Ansprache: Mehmet Daimagüler
Ansprache : Dr. Galit Shaul, Landrätin Partnerkreis Emek Hefer, Israel
(in Stellvertretung verlesen von Benjamin Schneider, Beisitzer des Vorstands)
Kaddisch: Alon Sander

Auf die schulische Beteiligung müssen wir in diesem Jahr leider verzichten.

Mitveranstalter ist das Aktive Museum Südwestfalen e. V.

Wir freuen uns über die Förderung von

Pressemitteilung zum antisemitischen Angriff am Sonntag, den 27.09.20

Mit sehr großer Bestürzung erfuhr die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland (CJZ) vom antisemitischen Vorfall in Siegen am Sonntag, den 27.09.2020.

Eine Gruppe Interessierter kam zu einer Führung, organisiert von der VHS Siegen und dem Aktiven Museum Südwestfalen (AMS), ein „Stadtspaziergang entlang der „Stolpersteine“ auf der Hammerhütte“. Im Rahmen dieses Spaziergangs konnten die Geschichtsinteressierten mehr über die Biografien hinter den Namen und über die jüdische Geschichte des Siegerlandes, der Stadt Siegen und insbesondere im Stadtviertel Hammerhütte erfahren.

Im Laufe dieser Führung wurden die Teilnehmer und der leitende Dozent von Rechtsradikalen der Splitterpartei „Dritter Weg“ massiv gestört. Gerufen wurden Pöbeleien auf unterstem Niveau, antisemitische Beschimpfungen („Scheißjuden“, „Drecksjuden“) und geschichtsrevisionistische, holocaustleugnerische Behauptungen („Lügengeschichten“, „Hier haben nie Juden gewohnt!“). Die fünfköpfige Gruppe stellte sich bedrohlich vor den Dozenten und die Teilnehmer und hatte offensichtlich beabsichtigt, die Veranstaltung zu unterbrechen.

Die Rechtsradikalen, die in der Nähe ein Büro betreiben, versuchen anscheinend das Stadtviertel Hammerhütte als ihr Revier zu markieren, vielleicht einen Nazikiez zu etablieren, wie im bemitleidenswerten Dortmund-Dorstfeld. Dabei haben sie so wenig Kenntnis von ihrer Umgebung, dass sie selbst ihr Büro in Siegen als „Stützpunkt Südsauerland“ bezeichnen…

Verlogen und lächerlich wie die Ansichten dieser Gruppe auch sind, beobachten wir mit großer Sorge das Eindringen von Antisemitismus in den öffentlichen Raum in Siegen. Die Geschichte lehrt uns, welche Gefahren aus diesen scheinbaren „Kleinigkeiten“ entstehen können. Unter keinen Umständen darf der Antisemitismus auch nur einen Fuß in die Tür bekommen.

Vielleicht gar nicht zufällig, fand der Vorfall Stunden vor Jom Kippur statt, dem höchsten jüdischen Feiertag, genau ein (jüdisches) Jahr nach dem Attentatt von Halle. Die Gefahren dürfen damit noch deutlicher sein. Es ist an der Zeit den großen Reden von damals Taten folgen zu lassen. Die Gesellschaft muss jeglichen Antisemitismus aus ihrer Mitte verbannen, die Politik muss die angekündigte volle Härte des Rechtsstaates unter Beweis stellen. Es ist bereits zu spät, „vorzuwarnen“ und „Anfänge abzuwehren“.

Das Ahnden jeglichen Antisemitismus ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Bekämpfung dieses menschenverachtenden, Hass säenden und verdrehten Weltbilds, nicht deren Gipfel. Wir hoffen, dass die Bürger Siegens aller Couleur sich zur Wehr setzen, der Bedrohung klar, eindeutig und laut entgegentreten. Diesen Personen muss unmissverständlich zu verstehen gegeben werden, dass sie im friedlichen, toleranten und mutigen Siegerland nicht willkommen sind.

Ein Beispiel für Mut und für die nötige Seelenruhe haben die Teilnehmer der Stadtführung bewiesen, die Ruhe bewahrt haben, ihrem Dozenten den Rücken gestärkt und Zivilcourage gezeigt haben. Siegen kann, und soll, stolz auf dieses Verhalten seiner Bürgerinnen und Bürger sein.

Das Quartier Hammerhütte will Ruhe haben, das ist selbstverständlich und unterstützenswert. Gewalt und Krawall müssen weggedrängt werden, damit der Frieden wieder einkehrt. Auslöser sind nicht die Stolpersteine, sondern die Seelenfänger, die von der Provokation leben. Wir rufen dazu auf, gemeinsam mit allen Demokraten und Demokratinnen in unserer Stadt daran zu arbeiten, den Störern und Staatsfeinden keinen Milimeter Raum bei uns zu geben. Zusammenstehend können wir diese Bedrohung für unsere Lebensweise und – tatsächlich – für unser Leben abwehren.

In Siegen, 30.09.2020

Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e.V.

Im Namen des Vorstands

gez.        Raimar Leng, evangelischer Vorsitzender
               Werner Stettner, katholischer Vorsitzender
               Allon Sander, jüdischer Vorsitzender

Ein bisschen Corona aus Israel

Liebe Besucherin, lieber Besucher unserer Homepage!

In unserem Rundbrief vom 09.04.20 haben wir angekündigt, dass an dieser Stelle in den nächsten Tagen voraussichtlich ein Bericht über das Leben und die Ereignisse der letzten Wochen in Israel erscheinen wird.

Oliver Vrankovic, ein Referent, der im letzten Jahr im Café Cucu in Siegen über das Alltagsleben in Israel referiert hat, hatten wir dazu angefragt.

Aktuell teilt er mit, dass es ihm leider nicht möglich ist diesen Artikel zu verfassen. Er ist in Israel als Altenpfleger tätig. Es ist leicht vorstellbar, dass er es zeitlich und auch mental im Augenblick nicht schafft dieser Aufgabe nachzukommen.

Da wir Sie aber gerne trotzdem partizipieren lassen möchten, stellen wir Ihnen an dieser Stelle einige seiner Beiträge, die er auf Facebook veröffentlicht hat, in Auszügen (unverändert) zur Verfügung. Wir haben von ihm die Erlaubnis dazu erhalten.
Da es sich um persönliche Berichte handelt sind sie natürlich subjektiv gefärbt. Das bitten wir beim Lesen zu berücksichtigen.
Wer seine ausführlichen Posts lesen möchte kann bei Facebook einfach seinen Namen eingeben. Der Oliver Vrankovic mit der Unterschrift „Kichererbse“ ist der Richtige. 🙂

Seine Berichte nennt er „EIN BISSCHEN CORONA AUS ISRAEL“!

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